New York - Dem Präsidenten warf John Kerry schwerwiegende Fehleinschätzungen vor. In einer Rede an der New Yorker Universität beschuldigte er George W. Bush, weder die Gründe noch die Kosten des Krieges aufrichtig dargelegt zu haben. Der Präsident habe bis zu 23 verschiedene Begründungen angeführt. "Falls sein Ziel war, das amerikanische Volk zu verwirren, ist ihm das gelungen", sagte Kerry. Kein verantwortungsbewusster Oberbefehlshaber hätte den Irak-Krieg begonnen im Wissen, dass Saddam Hussein weder Massenvernichtungswaffen besessen noch eine unmittelbare Bedrohung für die USA dargestellt habe. Der Angriff auf den Irak habe die USA vom Kampf gegen den Terrorismus und damit von der eigentlichen Bedrohung abgelenkt. "Die Invasion im Irak hat eine Krise historischen Ausmaßes geschaffen", sagte Kerry und erklärte, ein Kurswechsel sei dringend nötig. Dazu stellte Bushs Herausforderer einen Vier-Punkte-Plan zur Befriedung des Iraks vor: Die Regierung müsse sich die Hilfe anderer Staaten sichern, eine bessere Ausbildung der irakischen Sicherheitskräfte gewährleisten, dem irakischen Volk Unterstützungsleistungen zukommen lassen und sicherstellen, dass die Wahlen im nächsten Jahr wie vorgesehen stattfinden können. "Klare Analyse notwendig" Das Kerry-Lager kann sich in seiner Kritik nun auch auf führende Vertreter der Republikanischen Partei berufen. "Tatsache ist, dass eine klare Analyse unserer Politik notwendig ist", sagte der republikanische Senator Chuck Hagel am Sonntag im Fernsehsender CBS. Der Veteran sagte, auch in Vietnam hätten die USA ihre Politik nicht überdacht, und als Ergebnis habe man den Krieg verloren. Der Vorsitzende des Außenpolitischen Ausschusses des US-Senats, Richard Lugar, wies im Fernsehsender ABC darauf hin, dass der Kongress vor einem Jahr 18,4 Milliarden Dollar für den Wiederaufbau des Iraks genehmigt habe. Davon seien wegen der Unfähigkeit der Regierung noch nicht einmal eine Milliarde Dollar ausgegeben worden. Für Kerry birgt die offene Debatte über den Irak indes auch Risiken. Die Republikaner werden nicht müde darauf hinzuweisen, dass der Senator aus Massachusetts seine Position zum Krieg mehrmals geändert hat. Obwohl Kerry im Senat für den Krieg gestimmt hatte, warf er Bush später vor, die diplomatischen Möglichkeiten nicht ausgeschöpft zu haben. Vor kurzem erklärte Kerry, er habe sich zunächst wegen des Verdachts auf Massenvernichtungswaffen im Irak für den Krieg ausgesprochen. Allerdings sagte er auch, er hätte einem Angriff selbst dann zugestimmt, wenn er gewusst hätte, dass Saddam Hussein nicht über solche Waffen verfüge.